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Rudolf Steiner
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von Rudolf Steiner 1861 - 1925
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S. 39
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Und es besteht die Unruhe der gegenwärtigen Zeit darinnen, dass eine unübersehbar große Menge von Menschen unbewusst des eigentlichen Charakters
ihres Strebens darnach drängt, diese drei Lebensgebiete im sozialen Organismus als besondere Glieder so auszubilden, dass das Geistesleben frei aus
seinen eigenen Impulsen sich gestalten kann; das Rechtsleben demokratisch auf der Auseinandersetzung - die unmittelbare oder mittelbare - einander gleichgeltender Menschen gebaut werde; das Wirtschaftsleben nur in Warenerzeugung, Warenkreislauf und Warenkonsum sich entfalte.
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S. 57
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Die Kompliziertheit des modernen Wirtschaftens mit seiner Mechanisierung der menschlichen Arbeit macht als Gegenpol das freie Geistesleben notwendig. Frühere Lebensepochen der Menschheit vertrugen die Verschmelzung von Wirtschaftsinteressen mit geistigen Antrieben, weil die Wirtschaft der Mechanisierung noch nicht verfallen war. Soll der Mensch in der Mechanisierung nicht untergehen, so muss seine Seele sich jederzeit, während er in der mechanischen Arbeitsordnung drinnen steht, frei erheben können zu den Zusammenhängen, in die er aus einem freien Geistesleben heraus sich versetzt fühlt.
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S. 79
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Der (Materialismus) wird nur überwunden, wenn in der Betrachtung des Weltgeschehens lebendiger Geist einzieht. Nur dieser in der menschlichen Anschauung waltende Geist kann die Zusammenhänge auch überschauen, die im materiellen Leben der menschlichen Gemeinschaften wirksam sind. Man kann lange beweisen, dass das Leben nicht ein bloßer chemischer Vorgang sei; man wird dem Materialismus nicht wehe tun. Man wird ihn erst dann wirksam bekämpfen, wenn man auch den Mut hat, nicht nur zu sagen, es müsse Geist in den Weltanschauungen wirken, sondern diesen Geist wirklich zum Inhalt seines Bewusstseins macht.
Die Idee der Dreigliederung des sozialen Organismus wendet sich an Menschen, die diesen Mut haben. Dieser Mut sucht vorzudringen von den Äußerlichkeiten des Lebens zu dessen innerer Wesenheit. Er erfasst die Notwendigkeit der Pflege des freien, unabhängigen Geisteslebens, weil er einsieht, dass ein gefesseltes Geistesleben es höchstens bis zum <<Hinweis>> auf den Geist, nicht aber zu einem Leben im Geiste bringen kann. Er erfasst auch die Notwendigkeit eines selbständigen Rechtslebens, weil er sich die Einsicht erringt, dass das Rechtsbewusstsein in Gebieten der Menschenseele wurzelt, die nur in einem Menschenzusammenhange wirksam sein können, der in Unabhängigkeit vom Geist- und Wirtschaftsleben sich entfaltet. Solche Einsicht kann nur erlangt werden durch die Erkenntnis des Seelischen im Menschen. Eine Lebensanschauung, die sich heranerzogen hat an der Meinung vom
<<Unerkennbaren>> in dem Sinne vieler heutiger Gedankenrichtungen, wird zu dem Irrtum neigen, man könne eine soziale Struktur der Menschengesellschaften finden, die nur aus den materiellen Tatsachen des Wirtschaftslebens sich gestaltet.
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S. 98/99
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Der Handarbeiter wird aus den Erkenntnissen, die er gewinnt aus seiner wirtschaftlichen Lage als Konsument, das gleiche Interesse, nicht das
entgegengesetzte, gewinnen an seinem Produktionszweige wie sein geistiger Leiter (Chef Anm. JT).
Das kann sich nicht ergeben in einem Wirtschaftsleben, dessen Impuls die Rentabilität des Kapitalbesitzes ist, sondern allein in einem solchen,
das die Werte der Erzeugnisse aus den sich ausgleichenden Konsum- und Produktionsverhältnissen der sozialen Gesamtheit regeln kann.
Eine solche soziale Gemeinschaft ist aber nur möglich, wenn die speziellen Berufs-, Konsum- und Produktionsinteressen ihren Ausdruck finden in
Assoziationen, die aus den einzelnen Zweigen des Wirtschaftslebens selbst hervorgehen und die in der Gesamtgliederung des Wirtschaftskörpers sich
miteinander verständigen. (...). Durch eine in dieser Richtung liegenden wahren Sozialisierung wird dem Kapitalsystem diejenige Grundlage entzogen,
durch die es als Privatbesitz schädlich wirkt. Es sollte doch klar sein, dass man das Kapital nicht abschaffen kann, insofern es in nichts anderem
besteht als in den für die soziale Gemeinschaft arbeitenden Produktionsmitteln. Schädlich wirkt nicht das Kapital, sondern seine Verwaltung aus den
Privatbesitzverhältnissen heraus, wenn diese Privatbesitzverhältnisse die soziale Struktur des Wirtschaftskörpers von sich abhängig machen können.
Geht diese Struktur auf die gekennzeichnete Art aus dem wirtschaftlichen Assoziationswesen hervor, dann wird dem Kapital jede Möglichkeit entzogen, antisozial zu wirken. Eine solche soziale Struktur wird stets verhindern, dass der Kapitalbesitz sich loslöst von dem Verwalten der Produktionsmittel und zum Strebensimpuls derer wird, die nicht durch Anteilnahme an dem Wirtschaftsprozess ihr Leben gestalten wollen, sondern ohne Anteilnahme aus diesem heraus. Man kann allerdings einwenden, dass für diejenigen, die am Wirtschaftsprozess mitarbeiten, nichts herauskommen würde, wenn man die Erwerbungen der Nichtarbeitenden <<aufteilen>> würde. Das besticht, weil es richtig ist, und es verhüllt doch die Wahrheit, weil seine Richtigkeit für die Gestaltung des sozialen Organismus keine Bedeutung hat. Denn nicht darauf beruht die Schädlichkeit der nichtarbeitenden Rentenbesitzer (Kapitalbesitzer JT), dass sie ein verhältnismäßig Weniges den Arbeitenden entziehen, sondern darauf, dass sie durch die Möglichkeit, arbeitsloses Einkommen zu erzielen, dem ganzen Wirtschaftskörper ein Gepräge geben, das antisozial wirkt.
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S. 138/139
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Das wirtschaftliche Leben kann nur gedeihen, wenn es als selbständiges Glied des sozialen Organismus nach seinen eigenen Kräften und Gesetzen sich ausbildet,
und wenn es nicht dadurch Verwirrung in sein Gefüge bringt, dass es sich von einem anderen Gliede des sozialen Organismus, dem politisch wirksamen,
aufsaugen lässt. Dieses politisch wirksame Glied muss vielmehr in voller Selbständigkeit neben dem wirtschaftlichen bestehen, wie im natürlichen
Organismus das Atmungssystem neben dem Kopfsystem. Ihr heilsames Zusammenwirken kann nicht dadurch erreicht werden, dass beide Glieder von einem einzigen
Gesetzgebungs- und Verwaltungsorgan aus versorgt werden, sondern dass jedes seine eigene Gesetzgebung und Verwaltung hat, die lebendig
zusammenwirken. Denn das politische System muss die Wirtschaft vernichten, wenn es sie übernehmen will; und das wirtschaftliche System verliert seine
Lebenskräfte, wenn es politisch werden will.
Zu diesen beiden Gliedern des sozialen Organismus muss in voller Selbständigkeit und aus seinen eigenen Lebensmöglichkeiten heraus gebildet
ein drittes treten: das der geistigen Produktion, zu dem auch der geistige Anteil der beiden anderen Gebiete gehört, der ihnen von dem mit eigener gesetzmäßiger Regelung ausgestatteten
dritten Gliede überliefert werden muss, der aber nicht von ihnen verwaltet und anders beeinflusst werden kann, als die nebeneinander bestehenden Gliedorganismen eines natürlichen
Gesamtorganismus sich gegenseitig beeinflussen. (...).
Nun müsste aus dem Unglück die Einsicht reifen. Man müsste den Willen zum möglichen sozialen Organismus entwickeln.
Nicht ein Deutschland, das nicht mehr da ist, müsste der Außenwelt gegenübertreten, sondern ein geistiges, wirtschaftliches und politisches System mit ihren eigenen Verwaltungen
müssten daran arbeiten, wieder ein mögliches Verhältnis zu denjenigen zu gewinnen, von denen das Deutschland niedergeworfen worden ist, das nicht erkannt hat, dass es im
Gegensatz zu anderen Volksorganisationen als erste darauf angewiesen ist, seine Kraft durch die Dreigliederung des sozialen Organismus zu gewinnen.
Man hört im Geiste die Praktiker, welche über die Kompliziertheit des hier Gesagten sich ergehen, die unbequem finden, über das Zusammenwirken dreier Körperschaften auch nur zu denken,
weil sie nichts von den Forderungen des wirklichen Lebens wissen mögen, sondern alles nach den bequemen Forderungen ihres Denkens gestalten wollen.
Ihnen muss klar werden: Entweder man wird sich bequemen, mit seinem Denken den Anforderungen der Wirklichkeit sich zu fügen, oder man wird vom Unglücke nichts gelernt haben, sondern das herbeigeführte durch weiter entstehendes ins Unbegrenzte vermehren.
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